2. August 2012

Wenn die Mutter zum Kind wird

und das Kind zur "Mutter". Zumindest fühlt es sich so an - zeitweise. Schmerzhaft - weil die Mutter (also meine Mutter) nicht nur hilflos ist sondern auch leidet. Weil sie sich immer weiter wegbewegt. Geistig - seelisch. Nur noch wenig Interesse an "äußeren" Dingen. Gespräche sind schwierig - weil sie nur noch wenig spricht. Und eben, weil nur noch wenig Interesse da ist. Und weil ihr aus welchen Gründen auch immer, das Sprechen schwer fällt.

Ich leide - sie leidet - vermutlich leiden alle, denen sie etwas bedeutet. Nicht nur, dass sie hilflos ist, wie schon erwähnt, sie hat ja oft Schmerzen. Zum Teil durch das nicht bewegen, zum Teil, weil sie wund ist wegen immer wiederkehrenden Durchfalls.
Wie gerade jetzt. Krankenhaus - eigentlich wegen Harnwegsinfektion. Naja - hausgemacht war die wohl - verletzt beim katheterisieren. Regelrechte Blutvergiftung war die Folge......... Antibiotika. Intravenös. Dann in Fablettenform, weil nix mehr geht. Alles dicht, Arme blau.........

Dann eben der Durchfall. Inklusive ziemlich über Keime, die nicht so richtig weichen wollen. Wie lange sie da noch bleiben muss? Keinen Schimmer. Die Langeweile ist nur schwer vorstellbar. Sie liest nicht mehr - kein Interesse. Fernsehen? Früher viel und stundenlang. Inzwischen - eher nicht mehr............ 

Im Pflegeheim, da gabs wenigstens irgendwelche Aktivitäten. Eigentlich täglich. Im Krankenhaus ist es nur das Essen, und die Pflege. Und der Besuch, der zwar, wenn es irgend geht täglich stattfindet, aber das ist ja auch nur etwa eine Stunde von den täglichen 24 vorhandenen..............

Ich würde eigentlich gerne die ganze Zeit bei ihr sein, weil es so schmerzt sie so zu sehen - und andererseits würde ich am liebsten überhaupt nicht hingehen - um nicht zu sehen, wie es ihr geht. Was ich natürlich nicht tue. Und die ganze Zeit geht halt auch nicht.......... 

Und so sitzen wir da - reden ein wenig. Schweigen ein wenig. Weinen ein wenig. Sie mehr als ich. Aber ich habe ja auch nur seelische Schmerzen. Sie wohl eher beides..............

5 Kommentare:

  1. Ich habe Ähnliches erlebt und kenne diese Zerrissenheit: Eigentlich öfter dasein wollen und andererseits dieses Dasein schwer zu ertragen.
    Ich wünsche dir viel Kraft!
    Liebe Grüße!

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  2. In unserer Gesellschaft hat man leider verlernt mit älteren Leuten/älteren Generationen umzugehen, das soll kein Vorwurf sein, bitte missversteh es nicht, nur muss der Umgang mit seelischem Schmerz ja auch erlernt werden und das fehlt uns oft.

    Ich weiß nicht wie es mir gehen würde, meine Mutter starb zu früh, aber auch unter Schmerzen, körperlichen und Seelischen und ich weiß, wenn die Angehörigen Schmerz zeigen, versuchen oft die, die ihn verursachen noch stark zu sein und die "Gesunden" zu stützen.
    Manchen hilft das, andere belastet es umso mehr.

    Versuch doch einfach mal deiner Mutter etwas vorzulesen, oder bring ihr einen CD Player mit und Hörbücher, die meisten Büchereien haben eine große Auswahl und mache notfalls einen Zettel für das Pflegepersonal hin, dass sie ab und an eine CD an machen sollen, oder erzähl ihr einfach was du so erlebt hast, irgendwas, egal was, hauptsache du redest und zeigst nicht, wie sehr es dich belastet, denn ganz ehrlich, klingt vielleicht hart, aber das kannst du wieder machen, wenn du das Zimmer verlassen hast. Versuch ihr gute Laune vorzugaukeln, hauptsache sie wird etwas davon angesteckt, so jedenfalls würde ich es machen und aufbauen, immer wieder erzählen sie schafft das schon, sie wird wieder gesund, wenn vielleicht das normale Bewußtsein es nicht begreift, so kommt es immerhin im Unterbewußtsein an und kann da auch helfen.

    Zeig ihr nicht wieviel Kraft es dich kostet, weil es si ebenso Kraft kosten wird, die sie für andere Dinge mehr gebrauchen kann und wenn sie nicht redet, dann tue du es, um die Stille zu vertreiben.

    Und abends, heulst du dich bei wem anderen aus und läßt alles raus, so würde ich es machen, egal wie hart es sich anfühlen würde, weil ich es meiner Mutter schuldig wäre.

    Ich hoffe sehr das du mich richtig verstanden hast und nicht sauer wirst, ich meine es nur gut!

    Viel viel Kraft wünscht dir,

    Nicole

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    1. Hallo Nicole,

      nee ich bin nich sauer. Es ist ja nicht so, dass ich mich dahinsetze und nur schweige und weine. Nur manchmal kullert eben auch die ein oder andere Träne bei mir...... Was ich auch nicht sooooooooo schlimm finde - sie darf ruhig wissen, dass ich auch mit ihr leide, dass mich das nicht kalt lässt........

      Und natürlich erzähle ich ihr so alles was passiert, in meinem Leben und außenrum.

      Und den Umgang mit alten Leuten verlernt? Könnte ich so nicht unterschreiben, ich bin in einem Dorf aufgewachsen - und wir haben noch mit unseren "Alten" gelebt.....

      Und seelischen Schmerz bzw. den Umgang damit? Oh ja das habe ich auch schon gelernt. Zur Genüge. Davon wird aber der Aktuelle leider nicht besser........ Naja - einfach weitermachen. Wie immer im Leben.......

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  3. Liebe Flocke,

    beim Lesen sind mir gerade die Tränen gelaufen ... ich habe deine Mutter zwar nur 2 oder 3 mal gesehen, aber da war sie richtig lebenslustig... es tut sicherlich sehr sehr weh, sie jetzt so zu sehen...
    ... wie Nicole schon schreibt, versuch ihr Kraft zu geben, die du geben kannst... erzähl ihr einfach alles was dir in den Sinn kommt, und sei es von deinem Blog,... ich weis nicht, wie religiös sie ist, ansonsten kannst du vielleicht mit ihr beten?!?! .... es ist schlimm für dich, für sie, für euch alle...

    von daher wünsche ich dir/euch die Kraft die ihr jetzt braucht

    fühl dich mal lieb gedrückt
    Patricia

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  4. Ich kann mich da nur Patricia und Nicole anschließen. Wie ich Deine Zeilen las, hat mich das auch nicht kalt gelassen.
    Ich wünsche euch allen viel Kraft.

    Viele liebe Grüße
    Silke

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